Vergabe in Berlin

In Berlin gilt seit dem 22.07.2010 das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz. Es wurde am 05.06.2012 geändert und kann in der konsolidierten Fassung hier heruntergeladen werden. Auf der Website der Stadt Berlin finden Sie alle Rundschreiben zur öffentlichen Auftragsvergabe, über die Änderungen des BerlAVG mitgeteilt wurden.
Heute, im Jahr 2018, steht eine erneute Novellierung durch die Rot-Rot-Grüne Regierung an. Wir setzen uns dafür ein, dass dabei soziale und ökologische Kriterien gestärkt werden.

Laut dem BerlAVG können soziale und ökologische Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge berücksichtigt werden. „Für die Auftragsausführung können bei allen Aufträgen zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen,wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem konkreten Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben“ (§1, Absatz 7, BerlAVG).

Soziale Kriterien
Die Einhaltung der ILO­Kernar­beitsnormen müssen ab einem geschätzten Auftragswert von 10.000 Euro für bestimmte „Wa­ren oder Warengruppen, bei denen eine Gewinnung oder Herstellung unter Missachtung der ILO­-Ker­narbeitsnormen (…) in Betracht kommt“ (§ 8, Absatz 3 BerlAVG) so­gar gefordert werden. Die Produktliste finden Sie im Rundschreiben Nr. 1/2012 der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Unter diesem Wert und auch au­ßerhalb der im Rundschreiben aufgeführten Produktgruppen kann die Einhaltung der ILO­-Nor­men immer gefordert werden! Das FAIRgabe-Bündnis hält eine Liste, die um IKT-Produkte erweitert wird, für sinnvoll. Insgesamt ist aber die Abschaffung der Liste in Betracht zu ziehen, da so der Geltungsbereich des BerlAVG nicht eingeschränkt wird.

Ökologische Kriterien
Auch hier gibt das Land Berlin mit dem Ausschreibungs-­ und Verga­begesetz in § 7 vor, dass in der Festlegung der Leistungsan­forderungen umweltfreundlichen und energieeffizienten Produk­ten, Materialien und Verfahren der Vorzug gegeben werden soll. „Auftraggeber haben im Rahmen von Liefer-­, Bau-­ und Dienstleis­tungsaufträgen dafür Sorge zu tragen, dass bei der Herstellung, Verwendung und Entsorgung von Gütern sowie durch die Ausfüh­rung der Leistung bewirkte nega­tive Umweltauswirkungen möglichst vermieden werden“, heißt es weiter.

Seit Januar 2013 gilt außerdem für alle Landesverwaltungen und landeseigenen Unternehmen die Verwaltungsvorschrift Beschaf­fung und Umwelt (VwVBU). Sie bietet konkrete Hilfestellungen zur Beschaffung umweltverträglicher Produkte und Dienstleistungen. Für häufig beschaffte umweltbelastende Produkte und Produktionsmethoden legt sie Beschaffungsbeschränkungen fest und gibt ökologische Anfor­derungen in Leistungsblättern vor, die in der technischen Leis­tungsbeschreibung verwendet werden sollen. Die VwVBU ist für alle Vergaben von Liefer­-, Bau­- und Dienstleis­tungsaufträgen ab einem ge­schätzten Nettoauftragswert von 10.000 € verpflichtend, kann aber immer angewendet werden.
Sowohl die Senatskanzlei und die Senatsverwaltung für Stadtent­wicklung und Umwelt, als auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft und das Bezirksamt Spandau haben in einer Selbstverpflich­tung erklärt, die VwVBU bereits ab einem Auftragswert von 500 € anzuwenden.
Der Bezirk Fried­richshain­-Kreuzberg hat den Schwellenwert sowohl für öko­logische als auch faire Vergaben freiwillig auf 500 € herabgesetzt. Jeder Bezirk kann ihn mit einem BVV­-Beschluss absenken.

Kontrollgruppe
In Berlin gibt es seit 2014 eine vom Senat eingerichtete Kontrollgruppe, die die Einhaltung der im BerlAVG geforderten Kriterien, also die Einhaltung von Mindest­lohn sowie Umwelt­- und Sozialstan­dards kontrolliert (§ 5, Absatz 1 BerlAVG). Jede Vergabestelle kann ihre Hilfe anfordern und darum bit­ten, dass Aufträge überprüft werden. Wichtig ist, dass vor­her im Vertrag mit dem erfolg­reichen Bieter festgelegt wird, dass die Kontrollgruppe die Befugnis hat, Kontrollen durchzuführen (vgl. Rundschreiben Wi­TechForsch II G Nr. 5/2014). Weitere Infos gibt es hier.

Vergabebericht
Der Berliner Senat soll laut § 5 BerlAVG alle 2 Jahre einen Vergabebericht vorlegen, der die Wirkung dieses Gesetzes sowie die Arbeit der Vergabestellen und der […] Kontrollgruppe untersucht und Basis der fortschreitenden Evaluation dieses Gesetzes ist.  Erst im Jahr 2015 wurde der erste Bericht veröffentlicht. Auf 33 Seiten beschreibt der Senat vor allem die Schwierigkeiten der Vergabepraxis – ohne allerdings in nennenswertem Umfang aktuelle Zahlen preiszugeben. Dass der Senat und die zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft,Energie und Betriebe nicht in der Lage sind, Zahlen über die eigenen und mittelbar verantworteten Beschaffungsvorgänge zusammen zu tragen, ist aus unserer Sicht als Grundlage für politische Entscheidungen unverantwortlich. Wir hoffen deshalb, dass der in diesem Jahr erscheinende Vergabebericht aussagekräftiger wird.

Vergabebericht Berlin 2016   |   Vergabebericht Berlin 2014